Sonntag, 3. Januar 2010

Ein neues Jahr.

Liebe Marga,
und schon ist das neue Jahr schon wieder wieder ganz fest in unserem Alltag. Wir haben uns daran gewöhnt, 'letztes Jahr' zu sagen, wenn wir 2009 meinen. Wir haben das Weihnachtsessen verdaut und die hinzu gekommenen Pfunde angenommen oder weggepackt. Dieses Fiepen in den Ohren, das uns die wundervollen Feuerwerke  verursachten ist leise geworden und unser Blick richtet sich nach vorn: was kommt? Wie lange hält der Schnee? Werden wir Fussballweltmeister? Welchen Dingen wird sich die Regierung annehmen? Wann reisen wir wieder nach München?
So ist es jahrein, jahraus. Ein Rhythmus, der vertraut im Hintergrund pochert, ob im Herzen oder im Verstand. Er ist spürbar. Und jedes weitere Jahr, das uns diesen Rhythmus schenkt, nehmen wir an - der eine dankbar, der andere ängstlich, erwartungsvoll oder entspannt.
Vorsätze für ein Jahr machen sich einige Menschen, nicht alle, aber hin und wieder richtet sich ein Gespräch in den ersten Tagen des neuen Jahres auf dieses Thema. Vorsätze stellen Erwartungen an uns, sie scheinen lästig, unnötig, ständig den Zeigefinger hebend. Disziplin und Ausdauer verlangt ein Vorsatz. Und das ist oft sehr schwer in Einklang zu bringen mit unserem Willen, unserem Alltag und unseren Wünschen. Nah dran sein, einen Vorsatz zu erfüllen ist das, was ich mit meinem schon seit zwei Jahren mache. Es ist immer der gleiche, jahres- und situationsabhängig unterschiedlich ausgelegt und gelebt:
Sorge für Dich selbst.
Am Ende meines Referendariates hat mein Seminarleiter diese Worte an den Anfang seiner Abschlussrede gestellt. Seitdem gehören sie in mein Leben. Viele Fragen, ungeklärte Situationen und irrwegene Wendungen umärmelte ich mit eben dieser Aufforderung: Sorge für Dich selbst.
Oft mag es egoistisch, unabhängig und zusammenhanglos erscheinen, wenn man plötzlich Dinge tut, die ohne diesen Satz unmöglich schienen. Aber genau an diesem Punkt öffnet sich dann der Gedankenblitz und ein freundliches Gefühl schwubbert durch den Geist und durch den Körper. Ich hab's wieder probiert, als ich vergangene Woche aus einer Laune heraus oder eben aus dem Vorsatz heraus meine Koffer gepackt habe und über Sylvester nach Stockholm geflogen bin. Dort war ich auf einer großen Tanzveranstaltung - Lindy Hop. Hier sah ich viele Menschen wieder, die ich über das Jahr verteilt an verschiedenen Orten der Welt schon habe tanzen sehen. Ich war weit weg von Familie, gewohnter Umgebung und engen Freunden. Genau das hat meine Erwartungen auch übertroffen. Zu spüren, dass man an einem Ort genau richtig ist, gibt die Gelegenheit, anderen Menschen eine Freude zu machen, mit ihnen zu tanzen, zu lachen, Gespräche zu führen und Ausblicke zu entwerfen.
Eine ganze Kette glücklicher Momente reihen sich ein, in dieses Für-sich-selber-sorgen. Rückblickend erfrischend und bereitmachend für weitere solcher Ideen und Umsetzungen.
Ich weiß, dass Du in Deinem Leben für Dich selbst gesorgt hast. Du bist bisher kontinuierlich Deinen Weg gegangen, hast Dich eingebunden, fern gehalten, beteiligt und engagiert. Das macht Dich zu einer besonderen Person. Auch heute bist Du eine Frau, die mit 90 Jahren für sich selber sorgt: Du gehst einkaufen, regelst Deinen Alltag, hältst Kontakte aufrecht, interessierst Dich für die Dinge des Lebens. Spülst die Kaffetassen und -teller nach unseren Besuchen selbst. Da können wir nichts machen. :)


Liebe Marga, hier unten habe ich einen Moment meines Stockholmbesuchs festgehalten, der mir in aller Deutlichkeit sagte: Du hast für Dich selbst gesorgt. Diesen Moment möchte ich mit Dir und allen, die es lesen und anschauen, teilen. Es tanzt Chazz Young, der Sohn von Frankie Manning (Erfinder des Lindy Hops, der vergangenes Jahr fast 95jährig verstorben ist). Mit ihm und vielen alten und jungen Menschen habe ich einen Sylvesterabend erlebt, der mit Tanz und Lebensfreude im Einklang stand:





Sei lieb gegrüßt, auf bald.
Susanne